Aus mir war im Außenlager des KZ Dachau ein sogenannter „Muselmann“
geworden, nur noch Haut und Knochen und immer hungrig. Ich träumte von
dem Tag, an dem ich mich nach Herzenslust satt essen konnte. Manchmal
träumte ich, dass ich an einem reich gedeckten Tisch säße – Brot,
Butter, Sardinen, Eier, ich konnte sogar den Duft von Kaffee riechen…
aber das blieb nur ein Traum.
Unsere Brotrationen wurden immer
kleiner; wir mussten jetzt einen Brotlaib zwischen 12 Männern aufteilen.
Das Teilen war äußerst schwierig: Wir mussten erst eine Art Skala
entwickeln, sodass jeder exakt die gleiche Menge an Brot erhielt, nicht
mehr und nicht weniger. Dies allein dauerte schon eine halbe Stunde.
Weil
der Hunger immer unerträglicher wurde, aß ich alles, was ich finden
konnte – Grashalme oder Kräuter, die ich in die Wassersuppe gab. Wenn
ich Glück hatte, fand ich einige Kohlblätter oder Kartoffelschalen. Sie
hungerten uns aus bis zum Tod, und viele starben an Unterernährung. Ich
konnte kaum noch laufen, das Atmen war ein Kampf, und ich weiß nicht,
woher ich die Kraft zu überleben nahm.
Eines Tages tötete die SS
einen ihrer Hunde und ordnete an, dass er auf dem Lagergelände vergraben
werden sollte: „Hunde sollen bei euch Hunden sein.“ Der Hund wurde wie
befohlen vergraben, aber in der Nacht beschlossen einige von uns, ihn
wieder auszugraben, zu zerlegen und zu essen. Ich stand Schmiere und
erhielt dafür einen Knochen mit etwas Fleisch daran. Ich versteckte ihn
bis zum nächsten Abend.
Dann füllte ich Schnee in meinen
3-Liter-Topf, nahm etwas Streusalz vom Boden und wartete, bis ich alles
auf unserem Herd kochen konnte. Endlich war es soweit: Ich nahm den
Knochen, mein Stück Brot und ein kleines Stück Käse von der Abendration
und rührte alles in den Topf. Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie
eine so gute Suppe gegessen. Daran sieht man, zu was einen Hunger
treiben kann.
Um Weihnachten 1944 wurden noch mehr Juden in unser
Lager gebracht. Sie stammten aus Ungarn, und die meisten von ihnen waren
nur kurze Zeit in Lagern gewesen, einige kamen sogar direkt aus ihrer
Heimat. Sie konnten sich kaum an die harten Lebensbedingungen gewöhnen,
die sie im Lager erwarteten – nichts zu essen, große Kälte und harte
Arbeit. Viele von ihnen wurden krank und starben. Davon nahmen wir kaum
Notiz, denn Sterben gehörte zur Tagesordnung, man konnte nichts dagegen
tun. Jeder musste selbst sehen, wo er blieb.
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